Handels

Aldi stellt Nonfood-Onlineshop ein: Fokussierung oder verschenktes Potenzial?

von Prof. Dr. Carsten Kortum
28.04.2025

Strategiewechsel bei Aldi Süd und Aldi Nord:
Die beiden Discounter-Giganten beenden ihren gemeinsamen Nonfood-Onlineshop in Deutschland. Nach übereinstimmenden Berichten, unter anderem der Lebensmittel Zeitung, markiert diese Entscheidung einen tiefgreifenden Einschnitt in der Online-Strategie von Aldi.

Doch was steckt wirklich dahinter? Und wie bewerten Brancheninsider und Verbraucher:innen diesen Schritt?

Was Aldi offiziell sagt: Fokus auf das Kerngeschäft

Die offiziellen Statements betonen vor allem eines: Aldi wolle sich wieder stärker auf das stationäre Geschäft und die bewährte Discount-DNA konzentrieren. Der Online-Nonfood-Verkauf sei nicht profitabel genug gewesen, um ihn langfristig weiterzuführen.
In Zeiten hoher Kosten, schlanker Marge und neuer Herausforderungen im Einzelhandel scheint eine klare Priorisierung nachvollziehbar.

Das Meinungsbild der Branche: Klare Spaltung

Eine von uns letzte Woche initiierte Umfrage mit 251 Teilnehmenden über LinkedIn zeigt:
Die Meinungen sind geteilt – aber fast die Hälfte sieht die Entscheidung kritisch.

Antwortmöglichkeit

Anteil

Nein, verschenktes Potenzial

48 %

Ja, Fokus aufs Kerngeschäft

25 %

Ja, da nicht profitabel

17 %

Ja, da Kundennachfrage gering

7 %

Ja, da Nonfood eh rückläufig

4 %

Besonders bemerkenswert:
Fast jede:r Zweite hält die Einstellung für einen Fehler und spricht von verschenktem Potenzial.

Multichannel oder Rückschritt?

In einem zunehmend vernetzten Handel ist der Schritt von Aldi durchaus ein Signal: Während viele Händler versuchen, physische und digitale Welten zu verbinden (Stichwort Multichannel), zieht Aldi sich bewusst aus einem Teil des Onlinegeschäfts zurück.
Fragen, die sich daraus ergeben:

  • Verliert Aldi Anschluss an die neuen Shopping-Gewohnheiten der Kund:innen?
  • Oder liegt genau darin die Stärke – nämlich sich konsequent auf die eigenen Kernkompetenzen zu konzentrieren?
  • Wird der Verzicht auf Online-Nonfood langfristig Kunden kosten oder Stabilität bringen?

Was bedeutet das für den Handel insgesamt?

Der Fall Aldi zeigt: Onlinehandel ist kein Selbstläufer – auch für etablierte Marken nicht.
Erfolgreiches E-Commerce verlangt:

  • eine klare Differenzierung,
  • starke Logistik,
  • und vor allem ein rentables Geschäftsmodell.

Ein reiner “Online-Filialklon” reicht heute nicht mehr aus. Wer nicht effizient skaliert oder die Kundenerwartungen nicht präzise trifft, wird langfristig Probleme haben.

Fazit: Richtige oder riskante Entscheidung?

Aldi setzt auf Konzentration statt Diversifikation.
Ob das Mut oder Risiko ist, wird sich zeigen.

Klar ist aber: In einem Markt, der Flexibilität, Schnelligkeit und kanalübergreifendes Denken verlangt, setzt Aldi auf Fokussierung – während andere auf Verzahnung setzen.

Es bleibt spannend zu beobachten, ob andere Discounter und Händler diesen Kurs übernehmen oder bewusst andere Wege gehen werden.

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