Der Countdown zum Black Friday läuft – einem Tag, der längst weit mehr als nur ein Shopping-Event ist. 2024 rechnet der Handelsverband Deutschland (HDE) mit einem Umsatz von 5,9 Milliarden Euro und damit keiner Veränderung gegenüber 2023.[1] Die Onlineumsätze bei Nonfood im gesamten ersten Halbjahr 2024 betrugen 29 Mrd. Euro.[2] Damit hat die Black Week nach wie vor sehr große Relevanz im Handel. In 2022 lagen zum Vergleich die Wachstumsraten noch bei sehr hohen 20%, in 2023 immer noch bei 6% am Black Friday und Cyber Monday. Doch während die Begeisterung der Kunden:innen für Rabatte ungebrochen scheint, hinterfragt eine wachsende Zahl von Verbraucher zunehmend die Nachhaltigkeit und Auswirkungen des Kaufrausches.
Die Zahlen: Konsum unter Druck, dennoch stabile Teilnahme
Trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten und zurückhaltender Konsumlaune trotz steigender Reallöhne zeigt eine HDE-Studie, dass fast die Hälfte der Kosumenten:innen plant, am Black Friday aktiv auf Schnäppchenjagd zu gehen – ein Rückgang um 3 Prozentpunkte gegenüber 49 % im Vorjahr. Auch der Cyber Monday erfreut sich wachsender Beliebtheit, während internationale Shopping-Events wie der Singles’ Day weiter an Bedeutung gewinnen. Interessanterweise planen 63 % der Befragten Ausgaben auf Vorjahresniveau, während 26 % weniger ausgeben möchten. Der Durchschnitt bei den geplanten Ausgaben liegt bei stabilen 317 Euro pro Person für Nonfood. An den Fast Moving Consumer Goods wie Food und Near-Food FMCGs geht der Kaufrausch weiterhin vorbei.
E-Commerce im Wandel: China als wachsende Konkurrenz
Plattformen wie Temu und Shein stellen zunehmend eine ernstzunehmende Herausforderung für traditionelle Händler dar. Mit aggressiven Preisstrategien, KI gestützter Kundenansprache und ganzjährigen Rabatten ziehen sie Konsument an, die früher ausschließlich auf Events wie den Black Friday setzten. Bereits 16 % der Verbraucher gaben an, Plattformen wie Temu vorzuziehen, wodurch der Einfluss Chinas auf die deutsche E-Commerce-Landschaft immer sichtbarer wird. Somit ergibt sich durch die chinesischen Plattformen eine Abschwächung der Black Week.[3]
Was wird gekauft? Elektronik bleibt Spitzenreiter
Elektronikprodukte dominieren weiterhin die Einkaufslisten: 83 % der Konsument planen Anschaffungen in diesem Bereich. Bekleidung und Accessoires (76 %) sowie Hobby- und Freizeitbedarf (74 %) folgen. Dabei zeigt sich eine Präferenz für Markenprodukte, da 57 % der Verbraucher bewusst auf Qualität setzen und Geschenkartikel suchen. Trotz des Hypes bleibt die tatsächliche Ersparnis oft hinter den Erwartungen zurück. Eine Analyse von idealo zeigte, dass die durchschnittlichen Preisnachlässe am Black Friday 2023 lediglich bei 6 % lagen – deutlich weniger als die erhofften 11 bis 20 %.[4] Auffällig sind die Preisvergleiche in den Werbungen, es wird nur eine Preisgegenüberstellung mit dem Altpreis kommuniziert, nicht jedoch mit dem tatsächlichen Preis vor der Promotions. Dadurch geht die Transparenz verloren, die Preisersparnis ist nicht sichtbar. Dabei ist gerade das Preisvertrauen an Aktionstagen sehr wichtig, das Vertrauen in den Händler wirklich die besten Preise zu bekommen. Dadurch kann die kognitive Dissonanz bei Kaufentscheidungen vermieden werden. Dies kann entstehen, wenn getroffene Kaufentscheidungen bereut werden, da noch günstigere Preise nach dem Kauf offeriert werden.
Die eigene Kurzumfrage über LinkedIn (nicht repräsentativ) zeigt den Trend zur Überschätzung der wahren Preisreduzierungen. Nach einer Studie des Beratungsunternehmens Kearney werden durch Fehler beim Pricing bei den Black Friday Rabatten 300 Mio. Euro Gewinn verschenkt. Die Umsatzzuwächse in der Black Week führen zu schwächeren Umsätzen in der Vor- und Nachwochen und in der Summe nur zu Umsatzsteigerungen von überschaubaren 7%. Gerade die erhofften Umsatzzuwächse im Weihnachtsgeschäft können dann wie in 2023 ausbleiben.[5]
Nachhaltigkeit und Bewusstsein: Eine neue Konsumkultur?
Während der Black Friday von vielen als Chance auf Schnäppchen wahrgenommen wird, steigt gleichzeitig die Sensibilität für die Auswirkungen dieses Massenphänomens. 45 % der Befragten würden auf Rabatte verzichten, wenn diese mit nicht-nachhaltigen Praktiken einhergehen. Zusätzlich äußerten 58 % Mitgefühl für kleinere Händler, die sich im Wettbewerb den Preisschlachten großer Online-Giganten beugen müssen.[6]
Die Rolle der Digitalisierung im Schnäppchenwahn
Online-Plattformen dominieren den Black Friday, wobei 91 % der Konsument ihre Einkäufe vorwiegend im Internet tätigen. Neben klassischen Marktplätzen wie Amazon und eBay gewinnen soziale Medien wie Instagram und TikTok für die Schnäppchensuche an Bedeutung. Besonders junge Käufer lassen sich von dort präsentierten Angeboten inspirieren. Da überwiegend Markenprodukte gesucht werden, sind Suchmaschinen bei 42% der Befragten und Preisvergleichsportale bei 35% der Konsumenten:innen angesagt.[7]
KI hat im Handel bei Forcasting und Pricing die schnellsten Ergebnisse für den Handel. Daher werden zukünftig eher individuelle Rabatte ausgespielt als Form der Preisdifferenzierung. Händler versuchen dadurch die Konsumentenrente abzuschöpfen, die Differenz zwischen Zahlungsbereitschaft und tatsächlich zu zahlenden Preisen. Da die Umsätze am Black Friday fast nur im Onlinehandel stattfinden ist die Individualisierung leicht möglich. Am stationären Handel geht das Geschäft weitgehend vorbei.
Fast alle Händler beteiligen sich
Da vorwiegend Elektronik und Bekleidung verkauft wird, sind Händler ohne diese Warengruppen natürlich eher kaum mit speziellen Angeboten dabei, verzichten wird jedoch keiner auf ein Stück vom Kuchen mit 5,9 Mrd. Euro Umsatz. Keine Werbung speziell zur Black Week (Werbung bis 30.11.24) haben Woolworth (Weihnachtswerbung), dm (macht ja eh keine Preispromotions) wie auch Hornbach, also every day low price/ EDLP.
Der Name Black Friday war bis 2022 geschützt und daher wurde oft schon von der Black Week gesprochen. Aldi wirbt heute noch mit Black Deals. Oder selbstständige EDEKA Händler mit App Week in schwarz gehalten (Nonfood wird nicht beworben, daher auch kein Black Friday/Week). Interessanterweise verzichtet Tchibo auf die Black Week im Prospekt aber online nicht. Hier werden alle Artikel bis auf die Abverkaufsware ja ohne Preisabschläge verkauft und auch meist Eigenmarke, bei der es keine UVPs gibt und daher die Preisgegenüberstellung nicht möglich ist.
Insgesamt macht die Black Week für Händler Sinn in den relevanten Warengruppen bei Markenartikeln mit UVPs bei Nutzung der KI für Forecasting und Pricing..
Fazit: Black Friday zwischen Tradition und Transformation
Auch 2024 bleibt der Black Friday das wichtigste Shoppingevent Deutschlands. Doch die Dynamik verändert sich. Der Einfluss von China, der Wunsch nach nachhaltigem Konsum und der wachsende Druck auf kleine Händler zeichnen ein differenziertes Bild. Langfristig könnte diese Entwicklung zu einem bewussteren Umgang mit Rabatten und zu mehr Transparenz seitens der Händler führen. Klar ist: Der Black Friday bleibt ein Spiegelbild des Zeitgeists – irgendwo zwischen Konsumfreude und kritischer Reflexion.
[1] Vgl. https://einzelhandel.de/blackfriday
[2] Vgl. Aktuelle Trends im Nonfood-Markt, Christian Schmidt & Christian Koch, Consumer Panel Services GfK, online LZ Coffee break, 10. Oktober 2024
[3] Vgl. https://www.idealo.de/unternehmen/pressemitteilungen/umfrage-interesse-am-black-friday-waechst-chinesische-marktplaetze-auf-vormarsch
[4] Vgl. https://www.idealo.de/unternehmen/pressemitteilungen/black-friday-preisstudie-2023-jedes-zehnte-produkt-reduziert
[5] Vgl. https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/black-friday-kaum-mehr-umsatz-wie-ki-preismodelle-haendlern-helfen-koennen/100088198.html
[6] Vgl. https://www.idealo.de/dam/jcr:345dfd71-ad88-4f77-b12c-521f83d990d2/idealo_Black-Friday-Umfrage-2023_Whitepaper.pdf
[7] Vgl. https://www.idealo.de/dam/jcr:345dfd71-ad88-4f77-b12c-521f83d990d2/idealo_Black-Friday-Umfrage-2023_Whitepaper.pdf