Kommt mit Temu im unteren Preissegment ein ernstzunehmender Wettbewerber im Onlinehandel?
Temu ermöglicht als Marktplatzanbieter Produzenten und Traidern aus China den Verkauf an Endkonsumenten mit Umgehung des traditionellen Groß- und Einzelhandels. „Shoppe wie Milliardäre“ ist der Corporate Claim des Marktplatzes. Die angebotenen Billigartikel werden jedoch kaum Milliardäre ansprechen. Die Zielgruppen sind Käufergruppen mit extremem Budgetrestriktionen. Der europäische Nonfood-Handel ist hier komplett außen vor. Geliefert wird direkt aus China.
Nach dem Wheel of Retailing-Ansatz gelingt neuen Playern im Handel der Markteintritt über günstige Preise und weitgehenden Leistungsverzicht. Die Lücke entsteht durch trading up der bestehenden Marktteilnehmer. Dieses sukzessive trading up in Produktqualitäten und Services geht einher mit Preissteigerungen. Über sehr günstige Preise ist in der Theorie dann wieder ein Markteintritt neuer Handelskonzepte möglich.
Tchibo, ALDI SÜD, ALDI Nord und Lidl International sind mit ihren Nonfood Aktionen kontinuierlich in der Qualität nach oben gegangen. Eine Lücke wie im Wheeel of retailing-Ansatz ist im Budgetbereich jedoch nicht entstanden. Mit KiK Textilien und Non-Food GmbH, TEDi, Pepco und Action tummeln sich schon etliche Händler in dem Preiseinstiegsbereich. Die beiden letzteren sind stationäre mit ambitionierten Expansionsplänen in Deutschland.
Für Temu gibt es folglich trotz extrem günstiger Preise ohne Lieferkosten (kombiniert mit Gamification und Gewinngarantie, Kettenverkäufen und Co) mittelfristig kaum Chancen. We wish.com ist ein Direktkauf in China (wird da wirklich alles geflogen?) über eine Plattform nicht nachhaltig. Die Bewertungen werden ähnlich schlecht ausfallen wie bei Wish.com (auch wenn die Bewertungen derzeit bei Temu mit 4.6 noch überraschend gut ausfallen). Bei Wish.com ist ein dauerhafter Markteintritt gescheitert. Von einer neuen Benchmark kann keinesfalls gesprochen werden.
Target Pricing bei Nonfood killt jeden Hauch von Qualität. Da können auch die wenigen Euro für Schlappen zu viel sein. Bei Nonfood zählt Preis-Leistung und nicht nur der Preis. Es bedarf leistungsfähiger Importeure als Gatekeeper für den europäischen Markt. Und die gibt es schon sehr lange mit einer guten Performance. Eine wichtige Handelsfunktionen der Importeure ist die Leistungssicherung. Eine Vielzahl von billigen Konsumprodukten aus China ist ungetestet hinsichtlich Produktqualität und – sicherheit. Diese werden jetzt über Temu angeboten.
Die Plattform-Ökonomie hat auch ihre Grenzen. Temu ist dafür ein gutes Beispiel. Plattformen bringen Angebot und Nachfrage in der digitalen Ökonomie zusammen. Die Nachfrage nach Billigstprodukten mit zweifelhafter Qualität ist auch bei Budgetbeschränkungen sehr gering. Auch wenn erst einmal eine Penetrationsstrategie gefahren wird mit dem Ziel erst Markt vor Ertrag, sind die Chancen gering. Der Mutterkonzern PDD Holdings wird in Deutschland nur Geld verlieren und sich nach kurzer Zeit wieder zurückziehen.
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