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Handels

Breuninger stellt sich selbst nach 140 Jahren Historie ins Schaufenster

von Prof. Dr. Carsten Kortum
30.08.2024

Ein Händler verkauft normalerweise ja eher Waren und nicht sich selbst. Was sind die Hintergründe und wer wird bei diesem Angebot zuschlagen?

Die Eigentümerfamilien Agtmael und Meilicke (deren BSG Beteiligungs GmbH hält 80% der Anteile[1]) wollen ihr Tafelsilber verkaufen. Diese Entscheidung ist bereits im Juni gefallen. Eigentlich steht das Handelsunternehmen mit 6500 Mitarbeiter:innen trotz schwieriger Rahmenbedingungen sehr solide da und verzeichnet gute Gewinne. Es wird also eher aus einer starken Perspektive in die Verhandlungen mit potentiellen Interessenten gegangen. Da die Investmentbank Macquarie Group mit der Sondierung beauftragt wurde, scheint die Erzielung eines möglichst hohen Verkaufspreis in der Priorisierung ganz vorne zu stehen.

Und eine Liste soll bereits 31 Interessenten umfassen. Hier gibt es eine Schlange wie bei Promotions. Angefangen mit El Corte Inglés und Galeries Lafayette bis hin zu den neuen Eigentümern von GALERIA und der Immobilie des KaDeWe GmbH.[2] Mit letzteren, der thailändischen Central Group, würde ein erfahrener Interessent im Premiumsegment der Kaufhäuser ins Spiel kommen. Galeries Lafayette hat sich gerade aus dem deutschen Markt verabschiedet, würde aber durch die Premium-Ausrichtung bei Parfüm, Textil und Schuhen gut zu Breuninger passen. Herr Baker, der Eigentümer von GALERIA, hat mit der Neuausrichtung des Geschäftsmodells und der benötigten Finanzmittel wohl eher keinen Spielraum für Akquisitionen. Amazon wird auch genannt, wobei das zu der bisherigen Strategie gar nicht passen würde und Amazon im Textilbereich auch keine besondere Kompetenz erlangt hat. Bisher ist Amazon nur in den USA mit Whole Foods Market im stationären Handel vertreten. Kürzlich wurde allerdings das Nobelkaufhaus Neimann Marcus erworben. Jedoch wären hier die Synergien mit deren Stammgeschäft eher gering einzuschätzen.
Einige sollen sich nur für die Immobilien in bester Lage wie das Dorotheenviertel[3] neben dem Stammhaus in Stuttgart (Investmentfonds), einige nur für den Handel und auch wiederum einige für beides mit einer Fortführung wie gehabt interessieren.

Bisher hat sich die Trennung von Immobilien und Handelsgeschäft, zumindest bei Karstadt Warenhaus AG und Kaufhof Galeria, als nicht vorteilhaft erwiesen. Die Interessenlagen (hohe versus niedrige Mieten) waren zu konträr. Von Schließungen nach einer Übernahme und damit einhergehend der Verlust von Arbeitsplätzen und Attraktivität in der Innenstadt ist nicht auszugehen. Der Einzelhandelsverband befürwortet entsprechend eine Komplettübernahme des „Leuchtturms“. In der Innenstadt von Stuttgart gibt es interessante Projekte der Stadtentwicklung.[4]

Der mögliche Kaufpreis (nach Abzug von Verbindlichkeiten) wird derzeit in der Branche und in den Medien mit 2.0 Mrd. Euro angesetzt. Bei einem Immobilienwert von geschätzt 1.8 Mrd. Euro (Bilanzwert zum 31.12.2021 915 Mio. Euro) wäre das reine Handelsgeschäft mit einem Umsatz von 1.5 Mrd. Euro und 7% Wachstum yty (inklusive Onlineanteil von 50%) ein Schnäppchen.[5] Breuninger steht für eine konsequente Umsetzung des Multichannel-Gedankens, wie im Lehrbuch, sowie für Fashion / Lifestyle. Der Fokus liegt auf dem emotionalen Einkauf durch Service, Store-Layouts, Atmosphäre und Warenpräsentation.[6] Täglich will das Unternehmen ein neues Einkaufserlebnis in den nur 13 Stores bieten. Geführt werden 1550 Marken bis hin zu Designerbrands.[7]

Die letzten Zahlen im Bundesanzeiger betreffen das Geschäftsjahr 2021 und sind nicht mehr aktuell. Hier wurde bei einer Handelsmage von 48,9%, ein auch im Branchenvergleich sehr hoher Wert erzielt. Durch einen sehr effizienten Fokus auf die Altersstruktur des Warenbestandes werden die notwendigen Preisreduzierungen von Verkaufsware minimiert. Aus dem Immobilienbestand konnten Mieterlöse von 61,5 Mio. Euro erzielt werden. Insgesamt lag der Gewinn trotz Pandemie bei 23,9 Mio. Euro. Dies zeigt die Resilienz des Geschäftsmodells auch in Krisenzeiten. Die Übernahme von Konen in München zu Krisenzeiten zeigte die Finanzstärke und die Akquisitionsstrategie.  Die Eigenkapitalquote liegt bei vergleichsweise hohen 29,1%. Breuninger kann es sich von den Kennzahlen auch erlauben, Konsumentenkredite zu geben ohne die Weitergabe an die üblichen Konsumbanken. Durch die Breuninger-Card mit 2.0 Mio. Nutzern werden Kundenforderungen von über 100 Mio. Euro verzeichnet. Die Card ist zentrales Instrument der Kundenbindung.[8]

Wir sind gespannt auf News. Breuninger hält sich zu Medienanfragen, wenig überraschend, bedeckt. Welche Verkaufskriterien entscheidend sind, wird ebenfalls nicht genannt. Der Verkaufsprozess soll sich bis Oktober konkretisieren.[9] Zu hoffen wäre natürlich, dass der neue Eigentümer nicht nur an den Assets (Immobilien) interessiert ist, sondern an die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells glaubt und dieses analog weiterentwickelt.

[1] Vgl. https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/stuttgart/breuninger-steht-zum-verkauf-handelsverband-zuversichtlich-100.html

[2] Vgl. https://www.wiwo.de/my/unternehmen/handel/breuninger-verkauf-einer-stuttgarter-kaufhaus-ikone-/29964622.html

[3] Vgl. https://www.dorotheen-quartier.de/

[4] Vgl. https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/stuttgart/breuninger-steht-zum-verkauf-handelsverband-zuversichtlich-100.html

[5] Vgl. https://www.wiwo.de/my/unternehmen/handel/breuninger-verkauf-einer-stuttgarter-kaufhaus-ikone-/29964622.html

[6] Vgl. Geschäftsbericht 2021

[7] Vgl. https://www.breuninger.com/de/

[8] Vgl. Geschäftsbericht 2021

[9]Vgl.  https://www.lebensmittelzeitung.net/handel/nachrichten/medienbericht-breuninger-soll-verkauft-werden-179560

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