Die Konsumenten haben mit sinkenden Reallöhnen zu kämpfen. Die sehr stark gestiegenen Verbraucherpreise liegen weit über den steigenden Nominallöhnen. Dazu kommt eine große Verunsicherung und in der Folge neue Negativwerte beim Konsumklima. Die Gründe für diesen Abschwung verschärfen sich noch durch weiter steigende Energiepreise. Eine Entspannung bei der Inflation und ein Ausgleich durch entsprechende Nominallohnsteigerungen sind nicht abzusehen. Die Budgets und damit der Wohlstand der Haushalte werden auch mittelfristig geringer sein. Ein Trading-down wird alle Warengruppen bei Lebensmitteln 2022 und auch noch 2023 dominieren. Können die Discounter davon profitieren?
Bei den Discountern kaufen inzwischen über 95% der Haushalte ein. Insofern ist auch schon vor der Krise der Discounter eine etablierte Einkaufsstätte von verschiedensten Zielgruppen/ Verbrauchertypen. Den typischen Nicht-Käufer bei Discountern gibt es somit nicht. Fast jeder Haushalt ist schon Kunde. Der Discounter als Betriebstyp könnte nur dadurch gewinnen, dass sein Share of Wallet beim Konsumenten ansteigt.
Discounter setzen im Gegensatz zu Supermärkten traditionell auf die günstigeren Handelsmarken mit ca. 75-90 % Anteil am Umsatz. Gegenwärtig gewinnen die Handelsmarken und hier insbesondere die Preiseinstiegs-Handelsmarken. Der Marktanteil der Herstellermarken ist im Gegenzug auf das Niveau von 2020 gesunken. Diese verkaufen sich zunehmend über Promotions mit inzwischen ca. ¼ Anteil an den Gesamtumsätzen. Es gibt allgemein ein Trading-down im Markt.
Jedoch sind die Preissteigerungen bei Handelsmarken nach GfK-Zahlen mit 12% sehr viel höher als bei den Herstellermarken. Der Preisvorteil schmilzt zunehmend und der Sparvorteil reduziert sich. Hier bleibt abzuwarten wie der Konsument und insbesondere die preissensiblen Shopper darauf reagieren. Aldi versucht derzeit durch Preisgegenüberstellungen zwischen Handels- und Herstellermarken in der Werbung kommunikativ gegenzusteuern.
Insgesamt gewinnen die Discounter ihre in der Pandemie verlorenen Marktanteile relativ schnell zurück und haben im Juni 8% beim Umsatz gewonnen, jedoch nur aufgrund der hohen Preissteigerungen von 12% bei den dominierenden Handelsmarken. Die Mengenveränderungen zwischen den Discountern (-2% yty 1.Halbjahr 2022) und den Supermärkten (-4% yty) sind gering. Das spricht derzeit nicht für einen großen Umschwung in den Einkaufsgewohnheiten bei der Wahl der Einkaufsstätte. Es gibt somit keinen Run auf die Discounter. Veränderungen gibt es eher bei den Kaufentscheidungen am POS im Markt. Hier wird verstärkt auf Preise, Rabatte und Promotions geachtet.
Die Discounter sind vergleichsweise sehr aktiv in der Eröffnung von neuen und der Renovierung von bestehenden Filialen. Hier wird investiert in der Hoffnung neue Kunden zu gewinnen. Insofern können sich zukünftig doch vermehrt Kundenwanderungen ergeben. Dafür steuern die Supermärkte kommunikativ dagegen. EDEKA ist plötzlich auch Discounter. Mit Netto ist der Betriebstyp ja schon lange im Portfolio.
Nach der doppelt-geknickten Preisabsatzfunktion gibt es einen monopolitischen Bereich mit einer relativ preisunelastischen Nachfrage. Die verschiedenen Betriebstypen beim Verkauf von Lebensmitteln befinden sich alle in diesem Bereich. Durch geringe Veränderungen im Preisniveau im Vergleich zum Wettbewerb kommt es nicht zu Kundenwanderungen. Dafür müssen die Unterschiede extremer ausfallen. Diese ist und wird auch in Zukunft im Lebensmitteleinzelhandel nicht passieren.