Mit dem Kauf von neuen 8400-TEU-Containerschiffen durch Tailwind Shipping Lines, eine Tochtergesellschaft der Schwarz Gruppe, zementiert Lidl International seine Ambitionen im internationalen Einkauf. Was 2022 als Antwort auf die pandemiebedingten Lieferengpässe begann, mit Kauf und Charter von durchweg älteren Schiffen, wird nun zu einem langfristigen Infrastrukturprojekt.
Warum dieser Schritt?
In einer global fragmentierten Lieferkette bedeuten Kontrolle und Verlässlichkeit zunehmend Wettbewerbsvorteile. Befördert wird Aktionsware mit festen Terminen in der Vermarktung und auch Food Produkte aus Asien.
Gerade Handelsunternehmen mit hoher Abhängigkeit von Asienrouten wollen nicht länger Spielball externer Logistiker/ Reedern mit Oligopolstrukturen sein. Diese zeigte sich gerade.
Die Integration der Lieferkette bis zum Hafenregal ist für Lidl nicht nur Absicherung – sondern auch Teil einer Effizienzstrategie.
Aber lohnt sich das wirklich?
Skalierung zählt – in der Containerschifffahrt mehr denn je. Eigenes Volumen + Charterverträge machen Tailwind tragfähig. Tailwind ist global auf Platz 38 der Reeder und damit sehr klein (Im Vergleich beträgt die Transportkapazität von Tailwind mit 9 Schiffen, derzeit alle auf der Homepage: 38.891 TEU/ Zum Vergleich Hapag Lloyd: 2,4 Mio. TEU).
Pünktlichkeit und Planbarkeit sichern Regallücken ab – ein unsichtbarer, aber spürbarer Wettbewerbsvorteil.
Kostentransparenz und Margenstabilität lassen sich durch interne Kapazitäten deutlich besser steuern. Schiffe werden pauschal nach der Tonnagesteuer besteuert unabhängig von tatsächlichen wirtschaftlichen Gewinnen.
Welche Alternativen hätte Lidl gehabt?
Langfristige Slot-Charter-Verträge mit Reedereien (wie früher MSC und Co.)
Exklusivverträge mit NVOCCs (Nicht-schiffsbetreibende Spediteure wie z.B. Kühne &Nagel)
Ausbau von Regional-Sourcing zur Risikodiversifikation (aber Nonfood kommt nun mal überwiegend aus Asien, auch wenn Nearshoring derzeit ein Thema ist)
Viele Händler setzen auf genau diese Alternativen – oder kombinieren sie. Decathlon etwa nutzt langfristige Logistikpartnerschaften wie auch Walmart mit der größten Reederei der Welt Maersk, IKEA chartert punktuell Schiffe bei Bedarf, Zara/Inditex setzt konsequent auf Luft- und Schienentransporte.
Aber der eigene Containerdienst hat auch Nachteile:
Kapitalintensiv: Neubauten und Flottenbetrieb binden massive Mittel (die Neubauten werden mit 600 Mio. USD veranschlagt).
Marktrisiken: Bei Überkapazitäten sinken Frachtraten – und damit die Auslastung, Schifffahrt ist und bleibt ein volatiles Geschäft. Die Service muss auch für Dritte geöffnet werden, um die Kapazitäten auszulasten).
Komplexität: Schifffahrtsbetrieb ist ein eigenes Business – mit regulatorischen, logistischen und geopolitischen Herausforderungen (das Rote Meer z.B. wird weiterhin gemieden).
Fazit:
Lidl International macht sich unabhängiger – und geht damit einen Schritt, den andere aus guten Gründen (noch) meiden. Ob sich der Kurs lohnt, wird weniger am Hafen entschieden – als an der Kasse.