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Handels

Nahversorgung oder Notkauf – Warum begrenzen Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern die Fläche für Smart Stores 24/7?

von Prof. Dr. Stephan Rüschen
18.11.2024

In den letzten 5 Jahren sind eine hohe Anzahl von Smart Stores 24/7 in Deutschland entstanden. Die Politik spricht von sog. Digitalen Kleinstsupermärkten. In ca. 300 Orten im ländlichen Raum ist somit eine Versorgung mit Lebensmittelmärkten wieder zurückgekehrt. Fast täglich wird ein neuer Store eröffnet. Die Rückkehr von Lebensmittelmärkten wurde möglich, weil mit Technologien solche Märkte auch unbemannt und somit zu wirtschaftlichen Kosten betrieben werden können. Außerdem hat sich gezeigt, dass die unbemannte Sonntagsöffnung eine hohe Akzeptanz bei den Bürgern im ländlichen Raum hat. An Sonntagen wird ca. der  doppelte Umsatz im Vergleich zu einem durchschnittlichen Umsatz von Mo-Sa erzielt. Diese Sonntagsöffnung ist ebenfalls für den wirtschaftlichen Betrieb notwendig.

Es sind in den letzten Jahren verschiedene Konzepte entstanden, die unterschiedliche Kundenbedürfnisse befriedigen können:

Nahversorger, die ein umfassendes Sortiments anbieten (ca. 3.000 Artikel)

Ergänzungskauf/Notkauf-Anbieter mit einem begrenzten Sortiment von ca. bis zu 1.000 Artikeln

Direktvermarkter, die ein sehr fokussiertes Sortiment v.a. aus der Eigenproduktion anbieten

Die Öffnung von Smart Stores 24/7 am Sonntag wurde bisher in den Bundesländern nur geduldet. Die – wenn auch verschiedenen – Ladenöffnungsgesetze in den Bundesländern erlauben bisher keine Öffnung von Verkaufsstellen an Sonntagen, auch wenn diese unbemannt betrieben werden. Bisher haben nur Hessen und Mecklenburg-Vorpommern ihre Ladenöffnungsgesetze bereits geändert und ermöglichen die Öffnung am Sonntag für Läden bis 120qm Verkaufsfläche. In Bayern gibt es einen Kabinettsbeschluss bis 150qm, aber noch kein Gesetz.

Was bedeutet diese Flächenbegrenzung eigentlich?

Eine Nahversorgung, die ein umfassendes Sortiment anbieten möchte, wird dies auf 120qm nicht ermöglichen können, denn…

– Zu einer Nahversorgung gehört eine breite Abdeckung der benötigten Warengruppen: Lebensmittel, Molkereiprodukte, Tiefkühl, Getränke, Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel, Drogerie, Obst & Gemüse, Fleisch/Wurst/Käse und Alkohol etc.

– Eine Sortimentstiefe (Auswahl innerhalb einer Warengruppe), die zumindest Marke, Eigenmarke und Bio-Artikel abdeckt. Außerdem sollten auch relevante Ernährungsentwicklungen, z. B.  wie vegane Ernährung abgedeckt werden. Die Kundenbedürfnisse sind vielfältiger geworden.

– Smart Stores 24/7 sind auch für lokale Direktvermarkter eine Chance, ihre Produkte über Smart Stores 24/7 zu verkaufen und leisten somit einen Beitrag für die wirtschaftliche Stabilität der örtlichen Landwirtschaft.

– Ein barrierefreier Einkauf benötigt breite Gänge und niedrige Regale, so dass nur eine begrenzte Anzahl an Produkten pro qm platziert werden kann.

Diese beschriebenen für eine Nahversorgung relevante Anforderungen von Kunden lassen sich auf 120qm oder 150qm nicht abbilden. Mit einer Flächenbegrenzung von 120qm/150qm reduziert man die Anbieter auf Notkauflösungen, die die Versorgung im ländlichen Bereich zwar verbessern, aber keine Nahversorgungslösung darstellen können. Für Bürger, die bspw. nicht mobil sind, reichen solche Angebote nicht aus, um ihren Bedarf für Lebensmittel abzudecken. Sie sind auch weiterhin gezwungen, regelmäßig Lösungen zu finden, um in entfernteren Orten einzukaufen.

Die Begrenzung von auf 120 bzw. 150qm erscheint willkürlich und lässt sich aus meiner Sicht auch nicht ableiten.

Wer in der Politik eine echte Nahversorgung im ländlichen Raum ermöglichen will, der sollte den Anbietern einen größeren Spielraum geben. Dies würde auch zu einer größere Vielfalt an unterschiedlichen Konzepten im ländlichen Raum führen, die parallel zueinander existieren können. Die Kunden werden durch ihre Kaufverhalten entscheiden, welche Konzepte an welchen Standorten erfolgreich sein werden.

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