Passend zum Black Friday 2024 interviewt dazu unser Studiengangsleiter im Handel Prof. Carsten Kortum Daniel Frankenberg, Managing Director DELTACON Executive Search und einem ausgewiesen E-Commerce Experten.
Wie funktioniert eine Preissuchmaschine und welche Technologie steckt dahinter?
Eine Preissuchmaschine für Konsumgüter wie bspw. Idealo arbeitet im Wesentlichen daran, Daten von verschiedenen Online-Shops zu aggregieren, um den Verbrauchern einen einfachen Preisvergleich zu ermöglichen.
Das heißt Preissuchmaschinen bewerben Angebote von Vertragspartnern auf ihren Seiten durch Listung eben dieser Angebote. Bei der Listung werden Links auf die vom Vertragspartner genannte URL des Online-Shops gesetzt. Sobald Kaufinteressierte auf ein Produktangebot klicken, werden die Nutzer in den betreffenden Shop weitergeleitet.
Technisch basiert dies auf der Bereitstellung der Angebotsdaten durch den Vertragspartner in einem Datenfeed via CSV-Dateien oder API-Schnittellen (Application Programming Interfaces). Dargestellte Angebote zu Produkten werden automatisch und normalerweise mehrmals täglich aktualisiert. Ein Algorithmus ordnet die gesammelten Daten dann nach Produktmerkmalen und gleicht ähnliche Produkte anhand von Identifikationsmerkmalen wie EANs oder UPC-Codes ab. So wird sichergestellt, dass identische Produkte (insb. begehrte Markenartikel) korrekt verglichen werden können.
Welche Vorteile bieten Preissuchmaschinen für Verbraucher, die nach den besten Angeboten suchen?
Preissuchmaschinen bieten Verbrauchern erhebliche Vorteile, insbesondere um Preistransparenz zu erhalten und Verfügbarkeiten zu überprüfen. Ein wesentlicher Vorteil liegt darin, dass sie es ermöglichen, Preise und Angebote von verschiedenen Anbietern auf einen Blick zu vergleichen. Für den Verbraucher bedeutet das, dass er nicht mehr auf zahlreichen Websites nach dem besten Angebot suchen muss, sondern Zeit und Mühe spart, indem er alles auf einer Plattform findet. Darüber hinaus bieten eine Preissuchmaschinen Filtermöglichkeiten, die es den Nutzern erlauben, ihre Suche nach Preis, Bewertungen oder Versandkosten anzupassen. Je höherpreisig das Produkt umso höher das Einsparpotenzial. Preisvergleiche werden auch für niedrigpreisige Produkte von Verbrauchern in Erwägung gezogen, wenn diese regelmäßig und/oder in großer Menge benötigt werden (z.B. Medikamente oder Bürobedarf), werden aber bedeutsamer ab einem Verkaufspreis von 50 Euro. Laut einer Bitkom-Studie nutzen etwa 55% der Online-Shopper Preisvergleichsseiten.
Wie zuverlässig sind die angezeigten Preise und Verfügbarkeiten auf Preissuchmaschinen?
Die Zuverlässigkeit der angezeigten Preise und Verfügbarkeiten hängt stark von der Aktualisierungsfrequenz der Daten ab. Der regelmäßige Datenaustausch mit den Händlern stellt sicher, dass die Preise und Verfügbarkeiten regelmäßig aktualisiert werden. Die API-Schnittstellen bieten in der Regel eine sehr genaue und aktuelle Darstellung, aber es kann gelegentlich zu Verzögerungen kommen, insbesondere bei Produkten, die stark nachgefragt sind und schnell ausverkauft sein können. In diesen Fällen sind es meist die Shops, die ihre Preise nicht rechtzeitig aktualisieren, was zu Inkonsistenzen führen kann. Insgesamt sind die angezeigten Preise jedoch in den meisten Fällen zuverlässig, die Anbieter bemühen sich, die Fehlerquote so gering wie möglich zu halten.
Ist Google Shopping ebenfalls als Preissuchmaschine zu betrachten?
Google Shopping kann zwar als Preissuchmaschine betrachtet werden, unterscheidet sich aber deutlich von klassischen Preis-Plattformen. Während Preissuchmaschinen für Konsumgüter Produkte verschiedener Shops unabhängig nach Preis und anderen Kriterien listen, bezahlen Händler für ihre Anzeigen auf Google Shopping. Google Shopping integriert diese Anzeigen direkt in die regulären Suchergebnisse. Zudem zieht Google Shopping seine Daten hauptsächlich aus Google Ads-Kampagnen, während bspw. Idealo aktiv mit Shops zusammenarbeitet und detaillierte Preis- und Produktinformationen bietet. Auf Preissuchmaschinen steht der beste Preis immer an erster Stelle, bei Google entscheidet ein Bidding-System über die Angebotsposition.
Welche Rolle spielen Nutzerbewertungen und Erfahrungsberichte bei der Auswahl von Produkten auf Preissuchmaschinen?
Nutzerbewertungen und Erfahrungsberichte spielen eine entscheidende Rolle bei der Kaufentscheidung. Eine Umfrage zeigt, dass etwa zwei Drittel der Verbraucher regelmäßig Bewertungen lesen, bevor sie ein Produkt kaufen. Allerdings haben Verbraucher oftmals die generelle Kaufentscheidung für ein spezifisches Markenprodukt bereits getroffen, wenn sie eine Preissuchmaschine nutzen. Deshalb spielt die Bewertung des Händlers auf Preisvergleich-Plattformen wie Idealo eine besondere Rolle und ist äußerst wichtig, da sie das Vertrauen der Verbraucher stark beeinflusst und eine entscheidende Rolle bei der Wahl des Händlers für das bereits ausgewählte Produkt spielt. Nutzer bevorzugen oft Anbieter mit guten Bewertungen, selbst wenn der Preis etwas höher ist. Letztendlich geben die Händlerbewertungen den Verbrauchern Vertrauen in ihre Kaufentscheidung, da sie auf die Erfahrungen anderer Nutzer zurückgreifen können.
Wie verdient eine Preissuchmaschine wie Idealo Geld, wenn sie selbst keine Produkte verkauft?
Das Geschäftsmodell von Preissuchmaschinen basiert im Wesentlichen darauf, dass ein Nutzer über die Plattform auf die Website eines Shops klickt und dort einen Kauf tätigt. Diese Provision wird entweder auf Cost-per-Click (CPC)-Basis abgerechnet, wobei der Händler für jeden Klick auf seinen Link zahlt, oder (in seltenen Fällen) auf Cost-per-Sale (CPS)-Basis, bei dem die Provision nur anfällt, wenn tatsächlich ein Kauf erfolgt.
Welche Faktoren beeinflussen die Reihenfolge, in der Produkte und Anbieter aufgelistet werden? Wie kann ein Händler diese beeinflussen?
Die Reihenfolge der angezeigten Produkte auf Preissuchmaschinen wird einzig und allein durch den Preis bestimmt. Für die Kaufentscheidung spielen Versandkosten, Verfügbarkeit und Nutzerbewertungen ebenfalls eine wichtige Rolle. Händler, die attraktive Versandoptionen anbieten oder besonders gut bewertet werden, haben in der Wahl des Händlers gute Karten, wenn Sie preislich unterhalb der Top 5 gelistet sind. Insbesondere bei hohen Produktpreisen haben eine hohe Anzahl und eine hohe Händlerbewertung (z.B. > 4.5 Sternen in einem 5-Sterne-Ranking) einen positiven Effekt auf die Anzahl der Clicks.
Wie bei klassischen Suchmaschinen (wie z.B. google) gibt es auch bei Preissuchmaschinen einen starken “Top-Position-Effekt”. Händler, die auf den ersten drei Plätzen erscheinen erhalten oftmals 80% der Clicks, wobei der Platz 1 oftmals die Hälfte aller Clicks erhält und die Plätze 2 und 3 ebenfalls eine hohe Attraktivität für ca. ein Drittel der Verbraucher haben. Studien zeigen, dass die Klickrate mit jeder Position rapide abnimmt und die nachfolgenden Plätze wesentlich weniger Käufe generieren. Ein Händler kann sein Ranking bei Preissuchmaschinen ausschliesslich über den günstigsten Abgabepreis steuern, aber auf diese Weise können auch kleinere Händler auf einer Top-Position landen und viele Käufer gewinnen, ohne in klassische Werbemaßnahmen investieren zu müssen.
Gibt es bestimmte Kategorien von Produkten, bei denen Preissuchmaschinen besonders nützlich sind? Und bei welchen Kategorien eher nicht?
Preissuchmaschinen werden in aller Regel für Markenartikel genutzt, bei denen der Verbraucher hofft einen günstigeren Preis als den UVP zu zahlen. Auf Preissuchmaschinen werden überwiegend höherpreisige Nonfood-Artikel gesucht wie bspw. wie Elektronikgeräte, Haushaltsgeräte sowie DIY- und Gartengeräte. Auch Outdoor-Sortimente und Medikamente sind häufig gesuchte Sortimente auf Preissuchmaschinen. Generell sind alle Konsumgüter gefragt, bei denen es erhebliche Preisunterschiede zwischen dem UVP des Herstellers und den günstigsten Onlineangeboten gibt, sodass der Aufwand des Vergleichs besonders wertvoll ist.
Dagegen sind Preissuchmaschinen weniger nützlich bei alltäglichen Verbrauchsgütern wie insbesondere Lebensmittel des täglichen Bedarfs oder sehr günstigen Produkten, da der potenzielle Preisvorteil hier oft zu gering ist, um den Aufwand eines Vergleichs zu rechtfertigen.
Wie wichtig ist die Preispolitik der Marke? Und welche Folgen hat diese Strategie für den stationären Handel?
Zumeist gelingt es ausschließlich den Premiummarken-Anbietern ihre Produkte über alle Vertriebskanäle hinweg zu empfohlenen Verkaufspreisen anzubieten. Das gelingt mit zwei wesentlichen Strategien: Im Luxusbereich (z.B. Uhren & Schmuck), weil diese Marken selektives Vertriebsmodell haben und klare Regelwerke mit dem Händler vereinbaren. Dafür sind diese Marken dann aber in der Distribution auf ihre Vertragshändler und den eigenen Onlineshop beschränkt.
Zweitens weil Marken wie bspw. Apple oder Dyson ihre Marktmacht nutzen und den Händler oft nur geringe Margen bieten, die einen Verkauf unterhalb des UVP kaum ermöglichen.
Alle anderen Marken sind damit konfrontiert das sie aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nur Preisempfehlungen machen dürfen und die Gestaltung des Verkaufspreises dem Händler obliegt. Insbesondere Marken, die dem Handel in der Vergangenheit hohe Margen gegönnt haben, sind nun oftmals mit großen Preisunterschieden zwischen UVP und dem Bestpreis auf Preissuchmaschinen konfrontiert.
Durch diese Preistransparenz gerät der stationäre Handel zunehmend unter Druck, da er häufig nicht mit den besten Online-Preisen konkurrieren kann, da er durch das Betreiben eines Ladengeschäftes höhere Fixkosten hat. Der stationäre Handel muss daher alternative Strategien entwickeln. Bspw. in der Sortimentspolitik und über zusätzliche Services. Gerade bei technisch komplexen Produkten schätzen viele Verbraucher, wenn sie auf technischen Service vor Ort zugreifen können.
Wie unterscheiden sich Preissuchmaschinen von herkömmlichen Online-Marktplätzen wie Amazon? Haben kleinere Händler hier mehr Chancen?
Der größte Unterschied zwischen Preissuchmaschinen und Online-Marktplätzen wie Amazon liegt in der Unabhängigkeit. Das Ranking von Amazon ist nicht unabhängig, weil die zuerst gelisteten Produkte gesponserte Werbung sind und Amazon zudem eigene Produkte vermarktet. Trotz einer präzisen Suche mit Artikelnummer oder EAN können zudem abweichende Suchergebnisse angezeigt werden. Preissuchmaschinen wie Idealo agieren neutral und listen Produkte von verschiedenen Anbietern ohne eigene Verkaufsabsichten. Dies bietet kleineren Händlern mehr Chancen, da sie auf Idealo nicht direkt mit den Angeboten des Plattformbetreibers konkurrieren müssen. Auf Amazon hingegen treten sie oft in direkten Wettbewerb mit Amazon selbst und unzählbar vielen asiatischen Marktplatzanbietern, was es für kleinere, lokale Anbieter schwieriger macht sichtbar zu sein und sich durchzusetzen.
Welche Konsequenzen hat der Markteintritt von Temu und Shein in Deutschland für Preissuchmaschinen? Sind diese beiden Händler als direkte Konkurrenz zu sehen?
Temu und Shein sind keine direkten Konkurrenten für Preisvergleichs-Plattformen, da sie primär als Marktplätze agieren und i.d.R. keine standardisierten Markenartikel anbieten. Allerdings könnten Temu und Shein vor allem im Mode- und Lifestyle-Segment das Konsumentenverhalten durch ihre aggressiven Niedrigpreisstrategien beeinflussen. Preissuchmaschinen bleiben in Kategorien Elektronikgeräte, Haushaltsgeräte sowie DIY- und Gartengeräte stark, auch weil es bei diesen Produkten eine hohe Anforderung an Qualitätsstandards gibt. Auf Amazon nehmen große Markenhersteller den Vertrieb eigenständig in die Hand und versuchen damit preisaggressive Marktplatz-Händler für die eigenen Produkte auszuschalten. Es ist gut denkbar, dass diese Strategie der großen Hersteller in Zukunft auch auf Preissuchmaschinen erfolgen wird, d.h. Direktvermarktung der Hersteller auf den Plattformen.
Wie sollten Markenartikel-Hersteller auf die Preistransparenz reagieren? Welche Fähigkeiten benötigt das Management, um mit den Herausforderungen umzugehen?
Markenartikel-Hersteller sollten auf die zunehmende Preistransparenz mit einer durchdachten Strategie reagieren. Das Management benötigt eine Reihe spezifischer Fähigkeiten und wir stellen als Personalberater immer wieder fest, dass insbesondere Geschäftsführungen zu wenig Kenntnis des aktuellen Nonfood-Konsumgütermarktes haben seit amazon, Temu, Shein aber auch bspw. Preissuchmaschinen die Märkte massiv verändert haben. Agilität und Innovationsfähigkeit in der Führungsebene sind entscheidend, um neue Kanäle oder kreative Lösungen zu entwickeln. Eine fundierte Datenanalysekompetenz ist zudem unerlässlich, um Marktentwicklungen und Konsumentenverhalten zu überwachen. Darüber hinaus ist ein tiefes Marktverständnis notwendig, um den eigenen Markenwert richtig zu positionieren, denn nicht jedes Unternehmen kann agieren wie Apple oder Dyson. Eine funktionsübergreifende Zusammenarbeit zwischen Teams wie Pricing, Marketing und Vertrieb sowie starke Verhandlungsfähigkeiten mit Handelspartner und Plattformen sind weitere wichtige Bausteine. Als Personalberater für Hersteller und Händler in der Nonfood-Branche stellen fest das viele Unternehmen diesbezüglich schlecht aufgestellt sind und glauben die Herausforderungen im Onlinehandel an einzelne Fachbereiche delegieren zu können anstatt eine gesamthafte Unternehmensstrategie zu entwickeln und das Personal mit dem benötigten Fachwissen einzustellen.
Carsten Kortum: Wir bedanken uns für die sehr interessanten Ausführungen Herr Frankenberg.
Berufliche Stationen von Daniel Frankenberg:
- Managing Director DELTACON Executive Search Feb. 2023–Heute · 1 Jahr 9 Monaten, Berlin, Deutschland
- C-Level Consultant share · Freiberuflich Jan. 2022–Feb. 2023 · 1 Jahr 2 Monate Berlin, Deutschland
- Vorstandsmitglied Böttcher AG Nov. 2018–Dez. 2021 · 3 Jahre 2 Monate Jena, Thüringen, Deutschland
- Vertriebsdirektor Pelikan Apr. 1998–Okt. 2018 · 20 Jahre 7 Monate