Wirken Sonderangebotseffekte im Lebensmitteleinzelhandel (LEH)noch? Und warum werden nur wenige Artikel aus dem Sortiment ausgewählt?
Grundsätzlich lassen sich folgende Sonderangebotseffekte im Handelsmarketing unterscheiden:
Primäreffekte mit Effekt auf Absatz der beworbenen Produkte mit in erster Linie Frequenzeffekt (Laufkundschaft wird angelockt) und Konsumqouteneffekt (Kunden:innen konsumieren mehr). Grundsätzlich steigt der Absatz bei Sonderangeboten. Der Umsatz dagegen nur bei elastischer Nachfrage. Von daher werden für die erste Seiten des analogen oder digitalen Handzettels Produkte mit hohen Preiselastizitäten gewählt.
Sekundäreffekte mit vorwiegend Verbundeffekten und Substitutionseffekten auf das übrige Sortiment können zu mehr und auch weniger Umsatz führen. Im Extremfall führt eine Promotion nur zur Substitution und zu weniger Umsatz. Der Carry-over-Effekt mit der Wirkung auf die Umsätze nach dem Sonderangebotszeitraum ist meist deutlich negativ bei Artikeln, die bevorratet werden. [1]Warengruppen wie Sekt und Kaffee werden inzwischen zu über 50% nur noch in der Aktion gekauft. Ein Spill-over-Effekt promotet ganze Warengruppen durch die Herausstellung einzelner Artikel mit Sonderangebot.
Abgebildet ist die WhatsApp Werbung von REWE der letzten 14 Wochen. Beworben werden hier immer nur 4 Artikel der ersten Seiten des digitalen Handzettels. Für mehr Artikel reicht der Platz auf dem Handyscreen nicht aus. Interessanterweise wird hier auf die Gegenüberstellung mit dem normalen Regalpreis verzichtet. Die Kunden:innen werden also nicht auf die Ersparnis hingewiesen.
Es gibt in den betrachteten 14 Wochen der REWE Werbung insgesamt:
11 Coca-Cola-Produkte
7 TK Pizza
6 Kaffee
3 Energy Drinks
3 Frischkäse
3 Butter Weihenstephan
2 Chips
2 Ferrero
Es zeigt sich deutlich eine geringe Variation in den beworbenen Kategorien. Diese Produkte mögen hohe Preiselastizitäten haben und den Umsatz pushen, aber wird dadurch die Frequenz wirklich gesteigert? Und auch der Konsum?
Fast jede Woche Produkte von The Coca-Cola Company ist auch langweilig aus Kundensicht. Primär- und Sekundäreffekte nutzen sich ab. Hier spricht man von Wear-out-Effekten. Der Primäreffekt fällt mit der Zeit immer schwächer aus. Die Bevorratung fällt geringer aus, die nächste Promotion folgt ja in kurzer Zeit. Die Kunden:innen wollen auch Abwechslung (Variety Seeking). Mögliche Verbundeffekte sind zwischen den Markenartikeln auch eher konstruiert als real. Warengruppen werden auch nur bedingt promotet. Dass Die REWE TK-Pizza, Cola und Kaffee mit großer Sortimentstiefe führt dürfte bei den Kunden:innen bekannt sein.
Wirklich gesund sind die meisten Produkte nicht, warum wird denn nicht mal Obst und Gemüse beworben? Statt WKZ Perspektive? Obst und Gemüse ist bis auf wenige Ausnahmen nicht markiert, also kann auch keine Marke WKZ zahlen. Daher werden auch Eigenmarken nie in dieser WhatsApp- Werbung veraktioniert werden. Klar die Industrie bezahlt hier, daher die vielen Markenprodukte. Aber wie wäre es mit einem Category Switching hin zu gesunden oder innovativen oder nachhaltigen Produkten?
Als Fazit kann festgehalten werden: Retail Media mit der Einnahme von WKZ dominiert als Entscheidungskriterium. Die Kundschaft muss da natürlich mitspielen und die Sonderangebote auch kaufen. Der Anteil von Promotions hat mit über 25% Anteil an den Konsumausgaben bei FMCGs einen neuen Höchststand erreicht.[2] Die REWE würde ihre Werbung ändern, wenn diese nicht funktionieren würde. Sie funktioniert aber, und wir freuen uns auf Cola-Werbung fast jede Woche.
[1] Vgl. HALLER, Sabine; WEIS, Hans-Christian. Handelsmarketing. 3., vollkommen überarbeitete Auflage. 2008, S.276
[2] Vgl. Gfk Consumer Panel CP + 2.0, 2023