Framing ist eine Einflusstechnik, mit der man die Empfänger einer Botschaft zu beeinflussen versucht, indem man den Deutungsrahmen der Botschaft gleich mitliefert. Dabei verwendet der Sender einer Nachricht beispielsweise Argumente, Metaphern oder Referenzwerte, um darüber zu vermitteln, wie die Botschaft vom Empfänger interpretiert werden soll.[1][2]
Ein aktuelles Beispiel: Der Bruch der Ampelkoalition
Als die Ampelkoalition platzte, nutzten SPD und FPD unterschiedliche Frames, um die jeweils andere Seite in der Öffentlichkeit verantwortlich zu machen und darüber die Schuldfrage zu klären.
Der Frame der SPD:
Die FDP hat den Bruch der Koalition von langer Hand geplant und aktiv herbeigeführt. Bundeskanzler Scholz kam gar nicht mehr umhin, Finanzminister Lindner zu entlassen, weil das Vertrauensverhältnis völlig zerrüttet war.
Im Wortlaut: „Zu oft wurden die nötigen Kompromisse übertönt durch öffentlich inszenierten Streit und laute ideologische Forderungen. Zu oft hat Bundesminister Lindner Gesetze sachfremd blockiert. Zu oft hat er kleinkariert parteipolitisch taktiert. Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen.“ [3]
Der Frame der FDP:
SPD und Grüne forderten unzumutbare Zugeständnisse von der FDP, die mit den Überzeugungen der Liberalen unvereinbar waren. Scholz setzte Lindner schließlich ein Ultimatum und entließ ihn, als dieser nicht einlenken wollte.
Im Wortlaut: „Stattdessen hat der Bundeskanzler seit heute Nachmittag ultimativ von mir verlangt, die Schuldenbremse des Grundgesetzes auszusetzen. Dem konnte ich nicht zustimmen, weil ich damit meinen Amtseid verletzt hätte. Deshalb hat der Bundeskanzler in der Sitzung des Koalitionsausschusses am heutigen Abend die Zusammenarbeit mit mir und der FDP aufgekündigt.“ [4]
Im Kern beider Frames steht die Frage nach der Verantwortung bzw. der Schuld für den Bruch der Koalition. Oder anders formuliert: Wer ist Täter? Wer Opfer?
Welches Narrativ am Ende erfolgreicher ist, lässt sich kaum objektiv überprüfen. Wichtiger erscheint aber ohnehin der 2. Teil dieses Blame Games.
Gefahren des Framings
Die FDP steht in den letzten Tagen massiv in der Kritik, weil sie die Vorbereitung des Ampelbruchs zunächst vehement abstritt und den Frame der SPD als unwahr zurückwies. Die Veröffentlichungen rund um die D-Day Ablaufszenarien scheinen die Behauptungen der SPD nun aber zu stützen und setzen der FDP zu. Weil sich die Liberalen dafür entschieden, Scholz dazu zu bringen, das Ende der Ampel einzuläuten (und nicht sie selbst), verstrickten sie sich in ihrer eigenen Kommunikation in Widersprüche, die ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen.
Die Folge:
Nun geht es für die Freien Demokraten nicht mehr nur um die Verantwortung für das Scheitern der Koalition, sondern jetzt steht ihre Vertrauenswürdigkeit auf dem Spiel.
Antworten auf die Schuldfrage sind sicher nicht irrelevant. Man kann allerdings auch den Schuldigen für das Scheitern der Ampel als verantwortungsvoll wahrnehmen, wenn im Sinne des Landes und der Wähler gehandelt wird. Das könnte das kleine Umfrageplus der FDP direkt nach dem Bruch der Ampel erklären.
Entwickeln Wähler jedoch Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit einer Partei haben, wird das vermutlich (noch) größeren Einfluss auf ihre Wahlentscheidung in 2025 haben. Die drei Vertrauensfacetten Integrität, Kompetenz und Wohlwollen sind neben den Inhalten wohl mitentscheidend dafür, wo letztlich das Kreuz gemacht wird. [5] Insofern ist die gewählte Strategie der FDP hochriskant. Wie sie ausgeht, entscheidet sich am Wahlabend.
Dieses Beispiel aus der Politik verdeutlicht Framing anhand von Argumenten. Framing kann jedoch auch auf Basis von Metaphern erfolgen. In einem wissenschaftlichen Experiment wurden die Teilnehmenden um ihre Einschätzung zu Maßnahmen gegen Kriminalität gebeten. Je nachdem, ob die Forscher Kriminalität als Bestie oder als Virus darstellten, präferierten die Probanden im Falle der Bestien-Metapher eher die direkte Bekämpfung von Kriminalität über stärkere Polizeipräsenz und härtere Strafen oder aber im Falle der Virus-Metapher die Beseitigung zugrundeliegender Ursachen (Präventionsmaßnahmen). [6]
Frames können zudem über Referenz- bzw. Vergleichswerte erzeugt werden. Bei einer B2B-Verhandlung kann der Verkäufer dem Einkäufer beispielsweise die Ersparnis kommunizieren, die sich durch eine Rabattierung des Preises ergibt (sog. Gewinn-Frame). Der Einkäufer könnte das Angebot stattdessen über einen Verlust-Frame abwerten, indem er es im Vergleich zu einem attraktiveren Alternativangebot als überzogen darstellt. Ergebnis-Frames dieser Art (Gewinne vs. Verluste) wirken sich zum Beispiel in Verhandlungen unterschiedlich auf die Zugeständnis- und Einigungsbereitschaft der verhandelnden Personen aus. [7]
Fazit: Framingtechniken sind essenzieller Bestandteil des Repertoires von Kommunikationsexperten. Durch Framing sollen Wahrnehmung und Entscheidungen der Empfänger beeinflusst werden, indem der Sender einer Botschaft den Deutungsrahmen vorgibt. Werden diese Versuche der Beeinflussung jedoch mit unethischen Mitteln unternommen, untergraben Sender möglicherweise dadurch ihre Vertrauenswürdigkeit.
Hinweis: Dies ist kein politischer Beitrag. Er enthält keinerlei Wahlempfehlung. Anliegen dieses Posts ist die Beschreibung von Framing als kommunikative Einflusstechnik.
Quellen:
Fotos: EPA, IMAGO / Bernd Elmenthaler
[1] Rosner & Winheller, 2012, Mediation und Verhandlungsführung, S. 263
[2] Tversky & Kahneman, 1981, The Framing of Decisions and the Psychology Of Choice, Science.
[3] Scholz, Rede vom 6.11.2024, abgerufen am 2.12.24 unter: https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/newsletter-und-abos/bulletin/rede-von-bundeskanzler-olaf-scholz-2319070
[4] Lindner, Rede vom 6.11.2024, abgerufen am 2.12.24 unter: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2024-11/ampel-bruch-christian-lindner-wortlaut
[5] Mayer, Davis & Schoorman, 1995, An Integrative Model of Organizational Trust, Academy of Management Review.
[6] Thibodeau & Boroditsky, 2011, Metaphors we think with: The role of metaphor in reasoning, Plos one.
[7] Larrick, Heath & Wu, 2009, Goal-induced risk taking in negotiation and decision making, Social Cognition.