Der Bio-Markt musste nach Jahren des Wachstums in 2022 einen deutlichen Umsatzrückgang verzeichnen. In 2023 stabilisiert sich der Umsatz, jedoch inflationsbedingt mit einem deutlichen Mengenminus.
[1] Eigene Darstellung nach Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. [BÖLW] 2023, zitiert nach de.statista.com.
Der Anteil des Bio-Umsatzes an Gesamt ist 2022 erstmalig deutlich zurückgegangen und liegt mit 6,8% deutlich unter dem politischen Ziel ‚30% Bio bis 20230‘.
[1] Eigene Darstellung nach CPS GfK 2023a, S. 1, 2023d, S. 4.
und weist auch einen deutlich höheren Anteil auf wie bei konventionellen FMCG.
Abb. 3: Umsatzanteile von Handelsmarken und Herstellermarken an Bio-Lebensmitteln
Der Anteil des Bio-Fachhandels am Bio-Umsatz sank schon in den letzten 10 Jahren um ca. 1% pro Jahr. In 2022 und 2023 sind diese Rückgänge aber deutlich höher.
Abb. 4: Umsatzanteile für Öko-Lebensmittel in Deutschland nach Absatzebenen, FC 2023 Eigene Einschätzung
Gewinner sind im LEH v.a. die Discounter und die Drogerien. Der LEH hat seine Bio-Aktivitäten (Handelsmarken, Verbandware und Kommunikation) deutlich intensiviert.
Abb. 5: Bio-Umsatzanteile nach Vertriebsschienen
Der Bio-Fachhandel steht vor einer existenziellen Krise und droht, in der Belangslosigkeit zu versinken.
Auf Basis von 13 Expert:inneninterviews wurden im Whitepaper der DHBW Heilbronn 3 Handlungsoptionen für den Bio-Fachhandel ermittelt:
- Organisation des Bio-Fachhandels als genossenschaftliches System analog der Edeka oder Rewe
- ‚Whole Foods-Ansatz‘, d.h. Positionierung als Anbieter von gesunden Lebensmitteln mit einem hohen Bio-Anteil (aber nicht mehr 100%)
- Community-Ansatz: Kund:innen als Mitglieder oder Genossen der eigenen Einkaufsstätte binden und involvieren.
Eine ausführliche Analyse des Bio-Marktes und des Bio-Fachhandel findet sich im Whitepaper #27 ‚Zeitenwende im Bio-Fachhandel‘ der DHBW Heilbronn (53 Seiten, 39 Abbildungen). Das Whitepaper kann unter https://handel-dhbw.de/schriftenreihe/whitepaper/zeitenwende-im-bio-fachhandel/ kostenlos heruntergeladen werden.
Die Studie fomuliert 10 Thesen für den Bio-Fachhandel:
10 Thesen zur weiteren Entwicklung des Bio-Marktes
- Der Bio-Markt wird vermutlich auch noch die Jahre 2024-2026 mit den Folgen des Ukraine-Konfliktes (und weiteren Krisen) konfrontiert sein.
- Nachhaltigkeit bleibt für die Kund:innen ein relevantes Kaufkriterium und wird sich aufgrund der spürbaren Folgen des Klimawandels in 2-3 Jahren wieder verstärken.
- Der konventionelle LEH (Vollsortimenter, Discounter und Drogerien) wird weiterhin kontinuierlich an Marktanteilen gewinnen – vermutlich in größeren ‚Schritten‘ – und somit den Bio-Fachhandel weiter verdrängen.
- Handelsmarken haben im Bio-Markt eine überdurchschnittliche Bedeutung. Ein Bio-Händler benötigt daher ein kompetentes Bio-Handelsmarkensortiment.
- Die Fachhandelstreue von Bio-Markenartikelherstellern erodiert zunehmend und bietet somit dem Bio-Fachhandel nur noch eine geringe Differenzierungsmöglichkeit ggü. dem konventionellem LEH. Die Verbände (Naturland, Bioland, Demeter) sind schon längst nicht mehr fachhandelstreu.
- Der Biomarkt befindet sich seit 2022 in einem Konsolidierungsprozess, sowohl auf der Bio-Fachhandelsseite als auch bei den Bio-Herstellern. Zum einen ist mit einer Konzentration (Übernahmen) im Bereich der Bio-Supermärkte zur rechnen, zum anderen wird die Anzahl selbstständiger Naturkostfachgeschäfte und Bio-Markenhersteller zurückgehen.
- Der Bio-Fachhandel sollte seine Positionierung schärfen, um im Wettbewerb mit dem LEH langfristig bestehen zu können.
- Drei Differenzierungsansätze wurden aus den Expert:inneninterviews gebildet:
Umstrukturierung des Bio-Fachhandels auf ein genossenschaftliches ‚Edeka-Modell‘
2. ‚Community-Ansatz‘ – Kund:innen als Teil des Bio-Ladens
3. ‚Whole-Food Ansatz‘: Gesunde, natürliche und nachhaltige Lebensmittel (und nicht 100% Bio). - Zur Erreichung des Zieles ‚30 Prozent Bio in 2030‘ sollte auch der Out-of-Home Markt deutlich intensivere Anstrengungen unternehmen. Des Weiteren sollten klassische Markenartikler konsequent Bio-Produkte unter ihrer Brand führen, damit Konsument:innen Bio-Produkte von ihren bekannten und vertrauten Marken kaufen können.
- Die Zielsetzung ‚30 Prozent Bio-Anteil bis 2030‘ ist ohne Eingriffe (z. B. Senkung der MwSt.) und Unterstützung des Staates (z. B. Subventionssteuerung) nicht realistisch.