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Handels

Konsolidierung im Confiserie-Markt: Viba Sweets kauft die wesentlich größere Gruppe Hussel/Arko/Eilles

von Prof. Dr. Carsten Kortum
2.04.2024

Viba Sweets ist ein klassischer Mittelständler mit langer Tradition in der Süßwarenbranche aus Thüringen. Seit 1893 steht Viva für Spezialitäten bei Nougat, Marzipan und Pralinen. Am Stammsitz in Schmalkalden (ab 2012), Drednen (ab 2013) und in Erfurt werden Erlebniswelten für die Kunden geboten. Insgesamt gibt es derzeit 38 Filialen. Seit 2004 wurde im Zug der Vorwärtsintegration zusätzlich zur Produktion die erste Filiale eröffnet.[1]

Mit der Übernahme von ca. 160 Standorten in Deutschland und Österreich von Hussel/Arko/Eilles zum 1.5.24 wird die Marktpräsenz durch der Viba sweets GmbH erheblich ausgeweitet.[2] Das Interesse wurde bereits relativ früh nach dem Insolvenzvertrag am 2.2.24 geäußert. Mit 160 werden nicht alle der bisher 200 Filialen und dann 600 Mitarbeiter:innen fortgeführt. Nach 2021 ist es jetzt schon die zweite Insolvenz.[3] Das räumliche Absatzgebiet lag bisher nur in Ostdeutschland. Der Distributionsgrad wird sich dadurch erheblich vergrößern. Die Onlineumsätze werden sich bisher nur auf diese Verkaufsgebiet konzentriert haben, da bei stationären Händlern die Onlineumsätze meist nur in Verkaufsgebieten rund um die Filialen sattfindet. 2016 wurde die Confiserie Heilemann aus dem Allgäu mit Filialen übernommen. Viva konnte hier schon die Integrationskraft bei einer Übernahme zeigen.

Die Synergien mit dem bestehenden Geschäft der Fachhandelsgeschäften unter den Marken Viba und Heilemann sind als relativ groß einzuschätzen, insbesondere bei der Sortimentsgestaltung, der Kernleistung eines Händlers. Die übernommen Marken sind sehr bekannt und stehen für Tradition und Qualität, für hochwertige Confiserie. Das passt auch sehr gut zur 2016 übernommenen Heilemann aus dem Allgäu mit einer Premiumausrichtung.[4] Jedoch sind in einem zu Jahresbeginn nach GFK-Zahlen wachsenden Süßwarenmarkt gerade die Pralinen im Absatz stark rückläufig. Hier bleibt für die Viba-Gruppe die Herausforderung der Kundenansprache gerade von jüngeren Zielgruppen. Alle übernommen Marken benötigen einen Marken Relaunch. Durch jetzt fünf zu führende Storebrands steigt zudem die Komplexität der Markenführung.

Die Arko-Filialen werden durch selbstständige Franchisenehmer geführt. Hier sind Unternehmer:innen vor Ort, gerade im Fachhandel ein wesentlicher Pluspunkt.

Ein weiterer durch die Übernahme von Arko neu hinzugewonnener Distributionskanal ist der Lebensmitteleinzelhandel (LEH). Im LEH gibt es sehr viele Kontaktmöglichkeiten durch 3500 Depots und zusätzlich Zweitplatzierungen im Lebensmitteleinzel, vorwiegend bei selbstständigen EDEKA und REWE-Kaufleuten. Vor über 10 Jahre gab es 2013 schon 3800 Arko-Depots (mit ca.50 Artikeln)[5], die Reichweite hat sich also nur gering reduziert. Insofern geht das Absatzpotential weit über die eigenen Geschäfte hinaus. Das Angebot muss dahin, wo sich die Kunden:innen aufhalten und einkaufen, das ist der Lebensmitteleinzelhandel. Auch Drogerieketten wären mit ihrer Frequenz attraktiv zu den Saisonfenstern.

In allen übernommen Filialen soll nach Aussagen der Eigentümer von Viba Sweets insbesondere das Erlebnismotiv bespielt werden. Dazu kommt, wenn auch derzeit nicht betont, das Auswahlmotiv in den Confiserie-Warengruppen. Für die Kunden:innen ist das eine sehr attraktive Kombination. Im stationären Umfeld dürfte es an den meisten Standorten kein vergleichbares Angebot geben.

Veba Sweets ist seit 2005 im Einzelhandel aktiv und bringt hier das Handels-know-how mit. Nach der Übernahme von Heilemann lag der Umsatz in der Gruppe 2016 bei 50 Mio. Euro. Im GJ 2021 lag der Einzelhandelsumsatz nur bei 7,38 Mio. Euro.[6] Es übernimmt also der wesentlich kleinere Partner (38 Filialen) den wesentlich größeren (160 Filialen). Der Kapitalbedarf für die Übernahme und Neuausrichtung ist eher als gering einzuschätzen. Die Immobilien werden nicht Bestandteil der Übernahme sein. Viba hat derzeit 38 Fachhandelsgeschäfte, davon 2 Flagshipstores. Viba Sweets ist nach letzten Zahlen solide finanziert und profitabel. Durch die Übernahme werden sich vorerst die Finanzzahlen verschlechtern.

Eine große Herausforderung sind die Knappheiten am wichtigsten Rohstoff für hochwertige Confiserie, dem Kakao. Hier haben die Börsenpreise ein Rekordniveau erreicht. Eine Besserung der Marktversorgung ist nicht absehbar. Weitere Preisanpassungen im Markt mit großer Kaufzurückhaltung bei teuren Lebensmitteln werden zu einem weiteren Absatzrückgang führen. Auch die e relevanten Rohstoffe für Veba Sweets wie Magermilchpulver, Zucker und Butter schwanken relativ stark. Allgemein sprechen die Ernährungstrends zukünftig eher für rückläufige Süßwarenumsätze. „The trend ist not your friend“ bei Veba.

Die Hauptsaison startet nach den Sommerferien im September. Bis dahin muss die Integration der neuen Filialen gelungen sein. Confiserie beleibt ein Saisongeschäft. Ein Risikoausgleich ist durch die Übernahme somit nicht erfolgt.

In der Philosophie stehen die Adjektive: innovativ, kreativ und süß.[7] Diese Kombination steht für ein erfolgreiches Geschäftsmodell wie auch für alle Mitarbeiter:innen und die Innenstädte zu hoffen die Kombination aus:

Viba, Heilemann, Hussel, Arko und Eilles.

Bild2
Abb.2: Premium-Pralinen in der Promotion Hussel Filiale Heilbronn
Bild4 2
Abb.3: Neuhaus Pralinen Hussel Filiale Heilbronn

Titelbild: Hussel Filiale Heilbronn Fleiner Straße

 

[1] Vgl. https://viba-sweets.de/ueber-viba/

[2] Vgl. https://www.wiwo.de/unternehmen/handel/nach-insolvenz-suesswarenhersteller-aus-thueringen-uebernimmt-hussel-arko-und-eilles/29764474.html

[3] Vgl. https://www.lebensmittelzeitung.net/handel/nachrichten/uebernahme-viba-sweets-kauft-filialen-von-hussel-eillesund-co.-177328

[4] Vgl. https://www.heilemann.de/unternehmen/geschichte/

[5] Vgl. https://ixtenso.de/retail-marketing/arko-praesentiert-depots-im-lebensmittel-einzelhandel-im-neuen-kleid.html

[6] Vgl. https://www.bundesanzeiger.de/pub/de/suchergebnis?6

[7] Vgl. https://viba-sweets.de/ueber-viba/

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