Handels

Rückgang der Handelsmarken im LEH? – eine differenzierte Betrachtung

von Prof. Dr. Stephan Rüschen
11.04.2022

Der Handelsmarkenanteil geht insgesamt seit 2017 tatsächlich von 37,6% auf 34,8% zurück. Dies erweckt den Eindruck, dass die Handelsmarken signifikant an Bedeutung verlieren
(siehe Abbildung 1).

Bild 2 Stephan
Abbildung 1: Handelsmarkenanteile im LEH (FMCG) in % v. Gesamt (Jahr 2015-1.Q/2.Q. 202) (Quelle: GfK 2021)

Nur bei Discountern sinken die Handelsmarkenanteile
Jedoch zeigt die detailliertere Analyse auf Betriebsformen-Ebene, dass dieser Rückgang nur in der Entwicklung der Handelsmarkenanteile bei den Discountern seine Ursache begründet (v. 69,1% in 2013 auf 61,1% in 2020). In den Zahlen spiegelt sich besonders die zunehmende Listung von Markenartikeln bei Aldi Süd und Aldi Nord wider. In allen anderen betrachteten Betriebsformen (LEH Vollsortimenter, SB-Warenhäuser und Drogeristen) ist der Handelsmarkenanteil tendenziell eher im Zeitablauf gestiegen (siehe Abbildung 2).

 

Bild 3 Stephan
Abbildung 2: Handelsmarkenanteile nach Betriebsformen Jahr 2015-1.Q./2.Q. 2021 (Quelle: GfK 2021)

Mehrwert-Handelsmarken gewinnen zu Lasten der Preiseinstiegs-Handelsmarken
Die Verschiebungen zwischen den differenzierten Hersteller- und Handelsmarken-Typen sind ebenfalls relativ langsam und gehen auch nicht immer eindeutig in die gleiche Richtung (siehe Abbildung 3).

Bild 4 Stephan
Abbildung 3: Marktanteil von Hersteller- und Handelsmarken 2013-2020 (Quelle: GfK 2021)
  • Premium-Marken können ihren Marktanteil von 10,2% (2013) auf 12,1% (1. Q. 2021) steigern.
  • Die Marktanteile der sog. Marktführer innerhalb der Categories bleiben weitestgehend konstant.
  • Die sog. Mittemarken (B- und C-Marken) können ihren Marktanteil ebenfalls weitestgehend halten.
  • Es kommt aber zu einer Verschiebung zwischen den Preiseinstiegs-Handelsmarken und den sog. Mehrwert-Handelsmarken der Händler. Marktanteilsgewinn von z. B. Rewe Beste Wahl und Edeka gehen zu Lasten von JA! und Gut & Günstig.

Markenartikel können sich nicht signifikant von Handelsmarken differenzieren
Die grundsätzliche Relevanz von Handelsmarken zeigt sich auch in einer Befragung der LZ und Ipsos aus dem Jahre 2020. Handelsmarken können sich in dem Item ‚Preisgünstig‘ deutlich gegenüber Herstellermarken profilieren (64% trifft eher auf Handelsmarken zu). Während Herstellermarken zwar in allen anderen Items etwas bessere Werte als Handelsmarken erzielen, aber jedoch kein eindeutiger USP bei der Befragung identifiziert werden kann. I.d.R. messen die Befragten bei anderen Items beiden Arten von Marken diese Eigenschaft zu. Selbst beim Item ‚Ist qualitativ hochwertig‘ sagen nur 25% der Befragten, dass dies eher auf Hersteller- als auf Handelsmarken zutrifft. Dies zeigt, welche Akzeptanz Handelsmarken bei den Konsument:innen generell erlangt haben und die Problematik für Herstellermarken, einen höheren Preis durch höheren Nutzen aus Sicht der Konsument:innen zu rechtfertigen (siehe Abbildung 4).

Bild 5 Stephan
Abbildung 4: Handelsmarken vs. Herstellermarken – Bewertung von Eigenschaften im Vergleich (Quelle: LZ/ipsos 2020)

Ausblick:

  • Discounter versuchen Marktanteile von den Vollsortimentern zu gewinnen und haben daher in den letzten Jahren die Markenartikel zu Lasten der eigenen Handelsmarken gestärkt.
  • Handelsmarken bleiben aber für alle Betriebsformen im Handel ein sehr wichtiger Baustein in der Strategie.
  • Handelsmarken genießen bei den Konsument:innen ein hohes Vertrauen. Da sich Markenartikel generell nicht signifikant von den Handelsmarken differenzieren können, ist mittelfristig tendenziell mit einer Ausweitung der Handelsmarken-Sortimente und damit auch wieder der Handelsmarkenanteile zu rechnen.

 

Der Beitrag ist Teil des Whitepapers #11 Acht Trends im LEH – Facts to know in der Schriftenreihe Handelsmanagement der DHBW Heilbronn. Das komplette Whitepaper mit Facts zu sieben weiteren Trends im LEH kann unter https://handel-dhbw.de/schriftenreihe/whitepaper/acht-trends-im-handel-facts-to-know/ kostenlos heruntergeladen werden.

 

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